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Clemens von Wedemeyer

Orte unter Einfluss

Clemens von Wedemeyer (*1974) arbeitet als Künstler mit dem Medium Video und Film. Seine Werke bewegen sich zwischen Dokumentation und Spielfilm, Realität und Fiktion. In diesem Zwischenbereich spürt von Wedemeyer der Komplexität von Orten innerhalb ihrer zeitlichen und räumlichen Systeme nach. Die Vielschichtigkeit spiegelt sich in den Installationen und Fotografien, die die filmischen Arbeiten begleiten, ergänzen und erweitern. Sie eröffnen multiple Ebenen der Wahrnehmung. Dabei gilt von Wedemeyers Interesse ganz grundsätzlichen Fragen der Repräsentation, formuliert am Kino und seinen alternativen Formen, die er dehnt, verzerrt und sichtbar macht: der Kinoraum wird geöffnet, die Leinwand als Nahtstelle zwischen Zuschauer - und Bühnenraum transparent. So wird  man als Besucher auch Statist: Sind wir nur Betrachter oder könnten wir bereits Teil der Aufführung gewesen sein?

Ermöglicht durch

Sponren von Clemens von Wedemeyer

International bekannt wurde von Wedemeyer 2012 durch seinen dOCUMENTA (13)-Beitrag Muster, in dem er die wechselhafte Geschichte des ehemaligen Klosters Breitenau bei Kassel als Gefängnis, Konzentrationslager und schließlich als Erziehungsheim auf drei Projektionsflächen in verschiedenen narrativen Filmebenen inszenierte. In deren Dreiecksinstallation lässt er sie ineinander greifen und sich vermischen. Neben Muster (2012) oder Big Business (2002) sind es Arbeiten wie Die Probe (2008) oder Basler Podest (2006), die das Backstage als Ort hinter den Kulissen zum Schauplatz von Ambivalenz und unerwarteter Wendungen werden lassen. Der Screen als Projektionsfläche kultureller sowie sozialer Orte wird dagegen in der Installation von Sun Cinema (2010) reflektiert. Immer wieder nutzt von Wedemeyer wiederholt das Mittel des Making-of und erschließt darin eine weitere dokumentarische und zeitliche Ebene. Als Science Fiction Film wird in Esiod 2015 (2016) die Zukunft von Banken als allmächtige Datenspeicher von Erinnerungen und Beziehungen inszeniert und damit auf zeitgenössische soziale Netzwerke und ihr ökonomisches Potential verwiesen. Einen neuen Blick auf Bewegungsmuster im öffentlichen Raum dokumentiert sein neuester Film Square (2016), der anlässlich der Ausstellung auf der Plattform der Hamburger Kunsthalle gedreht wurde.

Der begleitende und erweiternde Katalog fasst diese Orte unter Einfluss unter die Kapitel 1. Screen, 2. Data Bank, 3. Church, Prison, Museum und 4. Backstage zusammen und spiegelt damit die Themen der Ausstellung wider.

Clemens von Wedemeyer wurde 1974 in Göttingen geboren. Er lebt und arbeitet in Berlin und Leipzig, wo er seit 2013 als Professor für Medienkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst tätig ist. Von Wedemeyer studierte Photographie und Medienkunst in Bielefeld und bis 2005 Bildende Kunst in Leipzig als Meisterschüler von Astrid Klein.
Neben der Teilnahme an zahlreichen Filmfestivals und Gruppenausstellungen, wie der Moskau Biennale (2005), den skulptur projekte Münster 07 (2007) oder der dOCUMENTA 13 (2012) in Kassel, wurden ihm wichtige Einzelausstellungen gewidmet, u. a. im PS1 MoMA, New York (2006), Barbican Centre London (2009), MAXXI, Museo nationale delle arti del XXI secolo, Rom (2013), MCA Chicago (2015) und Neuen Berliner Kunstverein (2016).